Die Familie Nendel in Sachsen


Der früheste Beleg des Familiennamens im Erzgebirge findet sich im Türkensteuerregister des Dorfes Leubsdorf im Flöhatal aus dem Jahre 1501. Drei Höfe des Dorfes befinden sich im Besitz der Familie Nendel. Von Leubsdorf aus verbreitet sich die Familie entlang der Flöha und in die angrenzenden Täler. Auf den ersten Seiten der Kirchen- und Gerichtsbücher des späten 16. Jahrhunderts von Leubsdorf und seinen Nachbarorten finden sich Nachkommen der Familie. Dabei lässt sich feststellen, dass der Name sich bereits innerhalb eines Kreises von etwa 35 km Durchmesser verbreitet hat. Die Familie Nendel in Leubsdorf geht auf den Hufner Laurens Nendel (* um 1485) zurück (Amtserbbuch Schellenberg 1551). Er ist der Sohn einer der drei im Jahre 1501 erwähnten Hofbesitzer und der Stammvater der größten nachweislich zusammenhängenden Familie. Seine Nachkommen leben noch heute im Erzgebirgsraum. Es wird davon ausgegangen, dass die Nendelschen Hufner, die einige Jahrzehnte später in den ersten Kirchenbüchern der Nachbardörfer Borstendorf (Valten, * um 1527), Brand-Erbisdorf (Paul, * um 1555), Forchheim (Johannis, * um 1563), Grünhainichen (Paul, * um 1563), Lengefeld (Christopherus, * um 1570), Wünschendorf (Hans, * um 1571) und Großhartmannsdorf (Caspar, * um 1647) eingetragen sind, zu der Leubsdorfer Familie in enger Beziehung stehen.

Zeitgenosse von Laurens Nendel war Jacob Nendel (* um 1485). Er wurde am 17. September 1527 von Herzog Georg mit dem Lehen für das Richteramt in Kirchbach bei Frankenstein zuzüglich dreier Hufen ausgestattet (Amtserbbuch Schellenberg 1551). Jacob Nendel stammte mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Leubsdorf. Er gab sein Amt über acht Generationen weiter bis die Linie mangels männlicher Erben gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Tode von Erb- und Lehnrichter Johann Gottlob Nendel erlosch. Der Erbgerichtshof am östlichen Ende des Dorfes Kirchbach ist noch heute erhalten. Caspar Nendel (*20.05.1663) enspringt dieser Linie. Er übte das Amt des Erbrichters im Nachbardorf Langenau aus und gab es dort an Sohn und Enkel weiter. Seine Nachkommen zogen später tiefer ins Erzgebirge und gingen in Wolkenstein sowie in Annaberg und Umgebung dem Handwerk des Posamentenmachers nach.
In Frankenstein lebten Mattes Nendel (* um 1525) und Hans Nendel (* um 1528) mit ihren Kindern (GB Oederan 1579). In der Umgebung von Frankenstein finden sich ebenfalls in den folgenden Jahrzehnten viele Nendels, darunter auffallend viele Müller. Als Stammväter der Familien in diesem Kernraum sind der Vater von Michael, Nicol und Martin Nendel in Schönerstadt (* um 1547), die Inwohner Jacob (* um 1596) und Nicol Nendel (* um 1607) in Hartha, der Müller Peter Nendel (* um 1596) in Wingendorf und der Müller Martin Nendel (* um 1626) auf dem Gückelsberg.
Die Nachfahren von Peter sind bis in die dritte Generation Erbmüller auf der Mühle zu Wingendorf gewesen. Sein Enkel Hans (* um 1649) hat später sowohl die Mühle in Hainichen betrieben als auch anschließend die Ratspachtmühle, die so genannte Mittelmühle, zu Freiberg. Michael (* um 1675), der Sohn von Hans, war die letzte Generation der Familie im Müllerberuf. Seine Nachkommen lassen sich noch bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts in Freiberg verfolgen.
Auch die Wiesenmühle in Frankenstein war in Nendelscher Hand. Friedrich Nendel aus Hartha (* um 1607) ist der erste in Frankenstein nachgewiesene Pachtmüller, während Caspar Nendel (* um 1589), der später die Mühle in Memmendorf pachtete, laut seines Sterbeeintrags auf der Wiesenmühle geboren worden war. Sie sind vermutlich die Söhne von Caspar Nendel "dem Wiesenmüller" und Enkel von Mattes Nendel. Friedrich hatte nur zwei Töchter, so dass hier der Name Nendel erlosch. Zwei der drei Söhne von Caspar heirateten im 20 km nördlich gelegenen Siebenlehn. Der jüngere Sohn Christoph (* 1648) wurde später der Vater zweier personenstarker Siebenlehner Familienzweige, von denen einer andernorts bis heute überdauert hat.
Martin Nendel wiederum ist Stammvater einer Müllerdynastie auf dem Gückelsberg. Sein Sohn Christian kaufte am 30.04.1675 von Christian Naumann die Mühle auf dem Gückelsberg und vererbte sie weiter. Die Dynastie erlosch jedoch nach sechs Generationen mit dem Tode von Erbmüller Christian Friedrich Nendel (* 1765), der nach dem Tod des Vaters seine Schwestern auszahlen und deswegen am 17.06.1795 die Erbmühle wieder verkaufen musste.
Auch in Schönerstadt leben noch heute Mitglieder der Familie Nendel. Interessanterweise sind diese Nachkommen der Nendels aus Leubsdorf. Der um 1790 dort geborenen Joseph Nendel, ein nachgewiesener Nachfahre des Hufners Laurens, heiratete Dorothea Elisabeth Richter aus Falkenau. Sein Sohn Carl Friedrich kam von dort als Fabrikarbeiter nach Schönerstadt. Von den bereits Ende des 16. Jahrhunderts in Schönerstadt bekannten Nendels verliert sich die Spur aufgrund nicht vorhandener Kirchenbücher. Für etwa 150 Jahre können keine Nendels am Ort nachgewiesen werden.